Neuronale Netze in der Lieferkette?

Sie haben ein bestimmtes Projekt zu bearbeiten und wissen nicht, wie Sie an die Aufgabe heran gehen sollen? Sie sind sich nicht sicher, ob Ihr Netzentwurf zu Ihrem Problem passt oder ob es da Optimierungsmöglichkeiten gibt? Ist es überhaupt sinnvoll an Ihre Daten mit einem NN basierten Ansatz heranzugehen? Ist MemBrain das richtige Werkzeug für Ihr Problem und Ihre Infrastruktur?

Hier ist der richtige Platz für diese Art von Fragen.
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Stemma
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Joined: Thu 10. Jan 2013, 21:19

Neuronale Netze in der Lieferkette?

Post by Stemma »

Hallo Thomas und die Gruppe,

ich beschäftige mich derzeit mit verschiedenen Problemen im Supply Chain Management und bin auf der Suche nach Algorithmen und Lösungswegen unter anderem auf NN und dieses Forum gestoßen.
In meiner Firma (Maschinen- und Anlagenbau) stoßen wir bei unseren Projekten immer wieder auf die Frage: Ist meine Lösung wirklich die optimale? Oder Lösen wir unsere SCM Probleme auf diese Art und Weise "weil wir das immer schon so gemacht haben"?

Ein simples Beispiel:
Der Kunde in Indien braucht ein Ersatzteil für eine unserer Maschinen.
Jetzt habe ich folgende Möglichkeiten:

1) Das Ersatzteil extern bei einem lokalen Hersteller in Indien zu kaufen (z.B. Wiederbeschaffungszeit 10 Tage, Lieferzeit zu Baustelle 2 Tage, Kosten 1000 €, Wertschöpfungsanteil aus unserer Sicht 0%, Ausfallrisiko 50%)
2) Das Ersatzteil intern bei einer Tochter in China zu kaufen (z.B. Herstelldauer 8 Tage, Lieferzeit zur Baustelle 10 Tage, Kosten 500 €, Wertschöpfungsanteil 100%, Ausfallrisiko 20% )
3) Das Ersatzteil im Stammwerk in Deutschland zu kaufen (z.B. Herstelldauer 3 Tage, Lieferzeit zur Baustelle 4 Tage Kosten 2000€, Ausfallrisiko 5%)

Die Daten in der Matrix sähen wie folgt aus:

Herstelldauer Lieferzeit Kosten Werstchöpfung Risiko

Lieferant extern Indien (Herstelldauer/Lieferzeit/Kosten/Wertschöpfung/Risiko): 10Tage 2Tage 1000€ 0% 50%
Lieferant Intern China (Herstelldauer/Lieferzeit/Kosten/Wertschöpfung/Risiko): 8Tage 10Tage 500€ 50% 20%
Lieferant Deutschland (Herstelldauer/Lieferzeit/Kosten/Wertschöpfung/Risiko): 3Tage 4Tage 2000€ 100% 5%


Dies ist bewusst ein sehr einfaches Beispiel, aber die Sachverhalte zu verkomplizieren ist im zweiten Schritt kein Problem.
Kann mir ein NN helfen eine solche Problematik zu lösen wenn ich z.B. die Fragestellung habe:

Welches ist (unter meinen gegebenen Vorrausetzungen in der Matrix) die schnellste Lösung, welches wäre die kostengünstigste oder die mit dem geringsten Ausfallrisiko?
Denkbar wäre auch die Frage, was wäre die "sinnvollste" Lösung (eine gute Kombination aus Kosten, Zeit, Risiko und Wertschöpfung)
Kann ich mein Netz so trainieren, dass es unter definierten Rahmenbedingen mit meine gewünschte (z.B. billigste oder schnellste) Lösung präsentiert?

Kann mir ein NN helfen diese Art von Problemen strukturiert zu lösen?
Ist ein Neuronales Netz in der Lage mir mit absoluten Zahlen zu "antworten" (z.B. Diese Lösung kostet 2000€) oder gibt es einen Hinweis ich würde Lösung "China" vorschlagen, da es im Vergleich zu den andern Möglichkeiten die günstigste Lösung ist?

Vielen Dank im Voraus für Eure Hilfe!

Mit bestem Gruß

Johannes
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TJetter
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Joined: Sat 13. Oct 2012, 12:04

Re: Neuronale Netze in der Lieferkette?

Post by TJetter »

Hallo Johannes,
Stemma wrote:Kann mir ein NN helfen eine solche Problematik zu lösen wenn ich z.B. die Fragestellung habe:

Welches ist (unter meinen gegebenen Vorrausetzungen in der Matrix) die schnellste Lösung, welches wäre die kostengünstigste oder die mit dem geringsten Ausfallrisiko?
So etwas (jedenfalls im Rahmen dieser Beispiele) ist mit simpler Mathenatik sicher einfacher und schneller zu realisieren. Um ein NN auf die Auswahl der schnellsten, billigsten usw. Lösung zu trainisren, muss man dem Netz viele realistische Lernbeispiele geben, in denen das bereits gemacht wurde. Dann wird es eine solche AUswahl wahrscheinlich auch nachvollziehen können. Ob das Sinn macht, sei einmal dahingestellt.
Stemma wrote:Denkbar wäre auch die Frage, was wäre die "sinnvollste" Lösung (eine gute Kombination aus Kosten, Zeit, Risiko und Wertschöpfung)

Da wird es schon eher interessant. Es kann immer dann sinnvoll sein, den Einsatz eines NN zu prüfen, wenn man keine mathematischen Auswahlregeln vorliegen hat, aber über viele gute Beispiele aus der Vergangenheit verfügt. Diese müssen aber sauber dokumentiert sein, Ihre Zahlenwerte müssen in vergleichbaren Skalen und vollständig vorliegen.
Idealerweise hat man für vergangene Entscheinungen im Nachhinen eine 'Wertigkeit' berechnet, d.h., eine Auswertung darüber gemacht, was die Kosten bzw. Nutzen der Entscheidungen waren. Wenn man ein NN mit diesen verganenen Datensätzen trainiert, dann kann es in der Lage sein, für zukünftige Entscheidungen deren Wertigkeit zu prognostizieren. So ließen sich dann Entscheidungen im Vorfeld abwägen.
Stemma wrote:Ist ein Neuronales Netz in der Lage mir mit absoluten Zahlen zu "antworten" (z.B. Diese Lösung kostet 2000€) oder gibt es einen Hinweis ich würde Lösung "China" vorschlagen, da es im Vergleich zu den andern Möglichkeiten die günstigste Lösung ist?
Wenn es mit Zahlen trainirt wurde, dann kann es auch mit Zahlen antworten. Die Qualität dieser Zahlen wird davon abhängen, wie gut sich aus der Menge der Trainingsbeispiele die Kosten ableiten lassen: Wenn die Trainingsbeispiele eher zufällige Zahlen repräsentieren, dann wird das Ergebnis schlecht sein. Gleiches gilt für den Fall, dass zu wenige Trainingsbeispiele vorliegen.

Viele Grüße
Thomas Jetter
Stemma
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Joined: Thu 10. Jan 2013, 21:19

Re: Neuronale Netze in der Lieferkette?

Post by Stemma »

Hallo Thomas,

erstmal vielen Dank für Deine Hilfe, deine Antworten haben schon ein ganzes Stück weiter geholfen.
Wir wollen unsere Supply Chain virtuell abbilden und aufgrund von Bewertungen und Lösungsalternativen dem Planer bereits in der Angebotsphase eine Entscheidungshilfe geben.(What if - Analyse, Bewertungen etc).
Ich bin grad untentschlossen ob ich den Weg der NN weiter verfolgen soll.

1)
Wenn ich es richtig verstanden habe ist die Begründing "warum" und "wie" das NN zu seiner Lösung gekommen ist, nicht immer unbedingt nachvollziehbar, richitg? Das wäre in meinem konkreten Projekt blöd, da wir schon gerne wüssten was genau das NN dazu bewogen hat mir dieses Ergebnis zu präsentieren.

2)
Die erforderlichen Daten für das Training müssten erste aufbereitet werden. Ich habe sie nicht "mal eben so" in der Schublade liegen. Wieiviele Datensätze (z.B. von Projekten aus der Vergangenheit) braucht man den schätzungsweise? Oder hängt das unmittelbar mit der Komplexität des Netzes und der Aufgabe zusammen?

3)
Bin ich mir nicht sicher, wie gut sich ändernde Rahmenbedingungen berücksichtigt werden können. (Z.B. Wenn ein Lieferant für das spezifische Projekt nicht zur Verfügung steht, er aber dennoch vom NN vorgeschlagen wird?)

4)
Es vielleicht "smartere" Algorithmen gibt, die mit deutlich weniger Aufwand bessere Ergebnisse anhand der Rahmenbedingungen liefen (genetische Algorithmen, Dijkstra, Agentensysteme, Stochastische Suchverfahren ect)?


Besten Gruß

Johannes
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TJetter
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Joined: Sat 13. Oct 2012, 12:04

Re: Neuronale Netze in der Lieferkette?

Post by TJetter »

Stemma wrote:1)
Wenn ich es richtig verstanden habe ist die Begründing "warum" und "wie" das NN zu seiner Lösung gekommen ist, nicht immer unbedingt nachvollziehbar
Das ist absolut korrekt, ja. 'Nicht immer' ist sogar untertrieben, man weiß es eigentlich nie. Man verwendet NN zur Prognose ja gerade dann, wenn man zwar Trainingsdaten aus der Vergangenheit hat, die Regeln dahinter aber nicht kennt.
Stemma wrote:Wieiviele Datensätze (z.B. von Projekten aus der Vergangenheit) braucht man den schätzungsweise? Oder hängt das unmittelbar mit der Komplexität des Netzes und der Aufgabe zusammen?
Das hängt zwar unmittelbar mit der Komplexität der Aufgabe und des Netzes zusammen. Gefühlsmäßig würde ich aber bei dem was Du beschreibst sagen, dass Hundert Datensätze ein Minimum darstellen, mit dem man etwas erreichen könnte. Mehr ist natürlich immer besser.
Stemma wrote:Bin ich mir nicht sicher, wie gut sich ändernde Rahmenbedingungen berücksichtigt werden können. (Z.B. Wenn ein Lieferant für das spezifische Projekt nicht zur Verfügung steht, er aber dennoch vom NN vorgeschlagen wird?)
Ich würde hier den umgekehrten Weg beschreiten: Dem Netz die Möglichkeiten als Inputs geben (also zum Beispiel je ein Eingangsneuron für jeden Lieferanten, sowie alle zusätzlichen Parameter), und dann das Netz eine Wertigkeit, oder 'Entscheidungsgüte' berechnen lassen (als skaleren Wert). Das mit allen zur Verfügung stehenden Inputs durchexerzieren und dann die Kombination mit der höchsten Wertigkeit auswählen.
In MemBrain kann man solche Abläufe übrigens problemlos in einem Skript implementieren.
Herausforderung: Die Daten aus der Vergangenheit müssen mit Wertigkeiten belegt werden, mit denen dann trainiert wird.

Viele Grüße
Thomas Jetter
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