Prozessoptimierung, Keramikfertigung

Sie haben ein bestimmtes Projekt zu bearbeiten und wissen nicht, wie Sie an die Aufgabe heran gehen sollen? Sie sind sich nicht sicher, ob Ihr Netzentwurf zu Ihrem Problem passt oder ob es da Optimierungsmöglichkeiten gibt? Ist es überhaupt sinnvoll an Ihre Daten mit einem NN basierten Ansatz heranzugehen? Ist MemBrain das richtige Werkzeug für Ihr Problem und Ihre Infrastruktur?

Hier ist der richtige Platz für diese Art von Fragen.
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Michal
Posts: 10
Joined: Fri 21. Jan 2011, 19:23

Prozessoptimierung, Keramikfertigung

Post by Michal »

Hallo Thomas und die Gruppe,
2009 wurde ein Beispiel der Prozessoptimierung "Schmelzkäse" vorgestellt. Sind hier Ergebnisse erzielt worden, die die Nutzung der KNN rechtfertigen?
Sind Beispiele aus der keramischen Fertigung bekannt? Hier ist eine Parallele zum Käse offensichtlich.
Ich möchte die Rissneigung keramischer Bauteile in Abhängigkeit vieler gemessener Parameter (Rohstoffparameter, Maschinenparameter,..) untersuchen.
Es sind viele Datensätze vorhanden und es kommen immer neue dazu (tägliche Messung).
Das Ziel der Arbeiten ist:
1.Ein Modell zu erstellen um die Sensitivität einzelner Parameter zu bewerten.
2.An Hand der gemessenen Parameter die Rissneigung des Produktes vorherzusagen.
3.Die Inputparameter (z.B. Rohstoffparameter) so zu ändern, dass ein gewünschter (minimaler) Wert der Rissneigung eingestellt werden kann.
Frage an die Gemeinschaft: ist das Ziel der Aufgabe realisierbar? Gibt es weitere "ähnliche" Projekte die erfolgreich realisiert wurden? Wo liegen die Stolpersteine?
Ich freue mich auf rege Diskussion. Vielen Dank!
Michal
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TJetter
Posts: 346
Joined: Sat 13. Oct 2012, 12:04

Re: Prozessoptimierung, Keramikfertigung

Post by TJetter »

Hallo Michal und herzlich Willkommen im Forum!
Michal wrote:2009 wurde ein Beispiel der Prozessoptimierung "Schmelzkäse" vorgestellt. Sind hier Ergebnisse erzielt worden, die die Nutzung der KNN rechtfertigen?
Ich habe vom 'Schmelzkäseprojekt' ebenfalls keine weiteren Kenntnisse als die aus dem Forum hier. Das ist leider häufig der Fall: Menschen posten meist nur, wenn sie ein konkretes Problem haben. Hat sich das Problem erledigt (egal ob mit positivem oder negativem Ausgang), dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass noch weitere Posts hinzukommen, oft gering.
Das soll kein Vorwurf sein, es ist ein verständliches Verhalten, alle haben schließlich wenig Zeit und oft geraten die Dinge dann auch einfach in Vergessenheit.
Michal wrote:Sind Beispiele aus der keramischen Fertigung bekannt? Hier ist eine Parallele zum Käse offensichtlich.
Aus der keramischen Fertigung ist mir nichts bekannt. Allerdings halte ich die exakte Domäne der Anwendung auch für wenig relevant. Meiner Überzeugung nach kann man bei guter Qualität und Menge der Daten schnell ein erfolgreiches Neuronales Netz erstellen. Wenn sich hinter den Daten schlüssige Wirkzusammenhänge verbergen, dann wird ein NN auch in der Lage sein, diese abzubilden.
Michal wrote:Es sind viele Datensätze vorhanden und es kommen immer neue dazu (tägliche Messung).
Was sind denn 'viele'? Kannst Du eine grobe Schätzung abgeben?
Sind diese Datensätze mit identischen Methoden gewonnen worden und in Ihrer Zusammenstellung (Anzahl und Art der Parameter) identisch?
Musst Du sie erst aufbereiten, oder liegen sie schon gesammelt und einheitlich formatiert vor?
Michal wrote:1.Ein Modell zu erstellen um die Sensitivität einzelner Parameter zu bewerten.
Ein NN, wenn es gut trainiert ist und die Übertragungsfunktion gut abbildet, kann durchaus als Verhaltensmodell benutzt werden. Man kann die einzelnen Eingangsparameter variieren und so die Empfindlichkeit des der Ausgänge auf einzelne Eingangsparameter abschätzen. Wichtig ist dabei allerdings, dass man bei der Variation der Eingangsparameter keine physikalisch unplausiblen Eingangsdatensätze erzeugt, sonst kommt natürlich nichts sinnvolles mehr dabei heraus. Mit anderen Worten: Eingangsparameter aus der Realität sind meist nicht unabhängig voneinander variierbar, zumindest nicht in großem Maße. Deshalb sollte man beim Variieren einzelner Parameter nur kleine Schwankungen an das Netz anlegen, d.h., sich die Steigung nur in einem engen Bereich um einen Arbeitspunkt herum anschauen. Alle anderen Parameter sollten dabei typische und vor allem zueinander passende Werte haben.
Mit Hilfe der Scripting-Engine von MemBrain ist hier eine völlig flexible Programmierung möglich, eigentlich sind hier keine Grenzen gesetzt.
Michal wrote:2.An Hand der gemessenen Parameter die Rissneigung des Produktes vorherzusagen.
Siehe weiter oben: Wenn die Daten gut und vielzählig sind und die wesentlichen Einflussparameter enthalten sind, dann halte ich das für machbar.
Ist die Rissneigung ein einfacher, skalarer Wert, und liegt dieser für alle Deine Datensätze sauber berechnet vor?
Michal wrote:3.Die Inputparameter (z.B. Rohstoffparameter) so zu ändern, dass ein gewünschter (minimaler) Wert der Rissneigung eingestellt werden kann.
Hier wirst Du am meisten Gerirnschmalz einsetzen müssen, vor allem was die Prozessdomäne betrifft:
Aus der Empfindlichkeit des Rissneigungsausgangs in Bezug auf die Eingangsparameter (siehe Punkt 1) kannst wahrscheinlich schnell sagen, was dir richtige Richtung zur Veränderung einzelner Parameter wäre. Allerdings wird Dir auch hier die Abhängigkeit zwischen den Parametern einige Schwierigkeiten bereiten: Du wir´st durch die positive Veränderung eines Parameters u.U. in der Praxis negative Veränderungen mehrerer anderer Parameter erhalten. Hier ein Optimum zu finden, kann bestimmt ein langwieriger Prozess sein. Vielleicht ergeben sich aber auch eineige unkritische, leicht umzusetzende Parameterveränderungen, die zumindest zu einer Verbesserung (unterhalb des Optimums) führen, wer weiß? Das ist alles Spekulation, so lange man es nicht wirklich ausprobiert.
Sehr hilfreich wäre hier natürlich ein Modell davon, welche Deiner Eingangsparameter von anderen Eingangsparametern abhängen. Um wie viele Parameter handelt es sich denn?
Die Menge Deiner Eingangsparameter spannt übrigens auch die Dimensionalität Deines EIngangsdatenraums auf, Du wirst um so mehr Datensätze benötigen, je mehr Eingangsparameter Du hast. Zu Beginn kann es also durchaus Sinn machen, mit einer begrenzten Menge an Parametern zu beginnen.
Michal wrote:Frage an die Gemeinschaft: ist das Ziel der Aufgabe realisierbar?
Meine Meinung: Ja, wenn erste Versuche gute Ergebnisse zeigen.
Meiner Erfahrung nach sieht man sehr schnell, ob die Daten dir notwendigen Zusammenhänge abbilden oder nicht. Man kann dann zwar noch an der Netzarchitektur feilen und das Ergebnis weiter verbessern; Das grobe Ergebnis und vor allem eine Einschätzung über Sinn/Unsinn des Vorhabens lässt sich aber sehr schnell absehen.
Gerne kannst Du mir mal einen (bitte umfangreichen) Datensatz zukommen lassen. Wenn Du ihn hier nicht posten willst/darfst, dann kannst Du mir auch direkt mailen. Wenn das immer noch ein Problem sein sollte, dann kannst Du die Inputs alle neutral umbenennen (z.B In1, In2 usw.).
Basierend darauf kann ich Dir wahrscheinlich sehr schnell einen ersten Ansatz mit MemBrain erstellen, der wird mehr Klarheit bringen.

Michal wrote:Gibt es weitere "ähnliche" Projekte die erfolgreich realisiert wurden? Wo liegen die Stolpersteine?
Über die kommerziellen, fertigungsprozessorientierten Projekte darf und werde ich hier nichts sagen. Oft erfahre ich aber auch nichts über den finalen Ausgang der Projekte und kann füpr mich selbst nur spekulieren. Ich weiß aber durchaus auch von erfolgreichen Projekten, z.B. aus der Stahlherstellung und der Automobilindustrie.
Und selbst wenn sich ein NN nachher nicht in allen Punkten so einsetzen lassen sollte, wie Dir es momentan vorschwebt, so denke ich doch, dass es Dir erheblich beim Verständnis Deines Prozesses und dadurch bei der Verbesserung Deiner Prozessparameter helfen kann. Oft ist alleine schon die Erkenntnis, dass es im Prozess noch nicht erfasste, wichtige Parameter gibt schon ein wichtiger Schritt. Erfasst man dann zusätzliche Parameter und verbessert dadurch die Voraussagefähigkeit des Netzes, so hat man schnell die Gewissheit, weitere wichtige Parameter gefunden zu haben.

Stolpersteine gibt es natürlich auch einige:
1.) Verwendung uneinheitlicher Datensätze
2.) Verwendung von Datensätzen unbekannter oder stark schwankender Qualität: Besser weniger Datensätze als schlechte!
3.) Unrealistische Erwartungen: Ein NN wird niemals perfekte Voraussagen machen können. In diesem Zusammenhang ist es sehr sinnvoll sich frühteitig Gedanken über Akzeptanzkriterien zu machen. Dies wird sich daran orientieren, wie gut Eure Vorhersagequalität momentan ist. Ist sie mit dem NN besser, dann lohnt es sich auf jeden Fall. Kann man z.B. ein Benchmarking machen? Z.B. kann man Experten die Qualität aufgrund der selben Eingangsparameter manuell vorhersagen lassen und deren Vorhersagen mit denen des NN vergleichen.
4.) Die Vorstellung, ein Netz am ENde als 'korrekt' mathematisch beweisen zu können. Ein NN kann immer nur durch plausibilisierung an der Realität gemessen werden, beweisen lässt sich die 'Richtigkeit' des Netzes niemals.

Viele Grüße und viel Erfolg!
Thomas Jetter
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